Ballard, Sofa (Seite 5616)

[Heizkessel]

@linea
Über etwas werde ich mir nicht ganz klar:
Wie verhält es sich mit dem "Fortschritt" und der inneren Ausgeglichenheit (Seelenfrieden)? Ist das ein Widerspruch?

Man sagt, daß die Stärke der Europäer oder der westlichen Zivilisation darin bestehe, daß wir ewig unzufrieden und unruhig seien. Das bedinge die Kreativität,und den Antrieb für neue Erfindungen (z.B. Brennstoffzellen aber auch Nuklearwaffen)und den allgemeinen Fortschritt, was immer das auch sein mag.
Wenn jetzt die Philosophie der Stoiker plötzlich in Mode käme, und alle nur noch nach der inneren Ausgeglichenheit streben würden, käme damit ein jeglicher Fortschritt zum erliegen? Das wäre meine Frage.
D.h. sind wir darauf angewiesen, erst die Umwelt zu zerstören, um dann kreative Technologien zu erfinden, um sie zu retten? Oder würden die Verhältnisse quasi eingefroren oder statisch, wenn die Menschen plötzlich alle nur noch oohhmm machen würden?
Ist das ein unauflösbarer Widerspruch unserer Zivilisation, daß wir immer mit dem Zerstörungspotential leben müssen, das unserer Kultur innewohnt, oder sind wir sogar auf das ewige Wechselspiel von Zerstörung und Aufbau angewiesen?(Ballard gibt es auch erst, seitdem abzusehen ist,daß wir das Erdinnere bald leergepumpt haben) Immer in Kauf nehmend, daß bei allem Fortschritt immer Opfer zu beklagen sind? (Beispiel Straßenverkehr, Entwicklung der Sicherheitslösungen Airbag etc.) Geht es wirklich nicht ohne?
Ich hoffe es klingt nicht allzu depressiv, ist aber auch November.

Gruß
H.

[Z3_M3]

@peder

Deine Antwort an linea hat mir gut gefallen.Das ist schon eine verrueckte Welt.
Auf der einen Seite sterben Leute vor Hunger oder Kaelte, und auf der anderen machen sich welche wie wir hier im Board
Gedanken, wie sie ihr Geld moeglichst schnell verdoppeln koennen, und bekommen eine Krise, wenn der NASDAQ oder NEMAX
mal um 500 Punkte faellt. Da kann ich mich Deines Zitates nur anschliessen, wir leiden hier auf hohem Niveau.
Wie schon gesagt, eine verrueckte Welt, bei genauerem Hinsehen.
So das war mein Wort zum Sonntag.

Mit freundlichen Gruessen
Z3_M3

[MrFuellCell]

Hi Leute,

Hier mal wieder was schönes zur Nachzählung in Florida

Wie sagtest Du doch vor kurzem JoGa, lernt euren Kindern doch erst mal lesen und schreiben, dann klappts auch mit dem
Zählen.


Bei dem Bild wunderts mich nicht, wenn die sich dauernd verzählen
Greetings MrFuellCell

[SeubertF]

Aber bitte,

gebts mir nicht zu hart! Nicht dass das Ganze dann so aussieht....



Grüsse SeubertF

[SeubertF]

Hallo Linea!

Hey, dankeschön dass Du dir extra für mich solch eine Mühe gemacht hast und glatt 300 Wörter geopfert hast! Find ich wirklich sehr nett. Bist wiedermal eines der besten Beispiele in unserer Diskussionsrunde, das einefach von endloser Kompetenz und Freundlichkeit zeugt! Toll!!
ich werde mir dieses Thema mal genauer ansehen.

Übrigens, Leute. Wie euch sicherlich aufgrund meiner wunderbaren Rechnung aufgefallen ist.
Ich träume sehr gerne mal! Findet Ihr, dass ich maßlos übertrieben habe? Wenn ihr anderer Meinung seid, dann schreibt es ruhig mal. Ich meine, in meinen "jungen Jahren" kann es schon mal passieren, dass ich absolut auf dem falschen Dampfer bin und ich mir eventuell gar phantastische Fostellungen mache, fernab von gut und böse!
Also holt mich von meiner Wolke runter, wenn ihr anderer Meinung seid! Ihr braucht nur laut zu schreien, dann komm ich runter, okay...Bis dahin....

SeubertF

[peder]

Hi linea,

der Auszug von Senecca hat mir gut gefallen. Das war sehr scharf
beobachtet. Den gleichen Effekt konnte ich an mir selber auch
schon erkennen. Ich habe im Frühjahr gehofft, daß die Kurse sich so gut
entwickeln werden, daß ich mir ein Cabrio kaufen kann. Nachdem die Kurse
dann eingebrochen sind, wurde ich unzufrieden, gereizt und hatte irgendwie
keine innere Ruhe mehr. Irgendwann ist mir dann aufgefallen, wie blödsinnig das doch ist.
Mir geht es ja nun wirklich nicht schlecht. Eine Freundin hat sich mal darüber geärgert, daß sie
Montags als Mietwagen (Firma bezahlt)meistens kein BMW - Cabrio zu bekommen ist. Der trockene Kommentar
ihres Mannes dazu: Wir leiden auf hohem Niveau, gell?
Wir sollten uns wiklich mal überlegen, über welche Kleinigkeiten wird uns hier
eigentlich Sorgen machen. Ich schätze mal, hier am Board haben alle genug zu Essen und ein Dach über
dem Kopf. Und das ist schon mehr, als Millionen anderer Menschen haben.

Also seid zufrieden mit dem was ihr habt, und nicht unzufrieden darüber, was ihr nicht habt.
Denn Zufriedenheit schafft innere Ruhe, und damit eine entspannte Lebenseinstellung.

Gruss Peder

[linea]

Heizkessel,
siehst du, so hat alles sein Gutes...Wir schaffen es glatt noch mit der stoischen Ruhe: Die nächste Hype und der nächste Fall kommen so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber eigentlich klar: Wenn du in dieser bekloppten Zeit kein Standing hast, bist du wirklich nur noch Teil einer Herdenansammlung. Die Stoiker, finde ich zwischenzeitlich, waren noch nie aktueller als heute

Grüße
linea

[linea]

HI SeubertF,

ich glaube schon, dass die Stoiker auch heute noch viel Interessantes an Gedanken zu bieten haben. Über Marc Aurel (einer der Stoiker) hat ja Heizkessel schon geschrieben. Die "Stoa" ist eine Lehre (oder philosophische Geistesrichtung) aus dem alten Rom. Aber scheinbar haben ihre Gedanken Jahrhunderte überdauert - auch heute spricht man ja noch von "stoischer Ruhe". Ein anderer Vertreter dieser "Stoa" ist Senecca, den ich persönlich sehr mag. Das Buch "Von der Seelenruhe" ist in Briefform geschrieben. Das Buch habe ich früher öfter an Freunde verschenkt, die auch mit Philosophie nicht viel am Hut hatten. In schwierigeren Situationen habe ich es gern gelesen. Er selbst schreibt: "Meine... Ausführungen richten sich nun nicht an den "Weisen", sondern an Unvollkommene, Durchschnittsmenschen, Anfällige".

Damit du Senecca nicht nur aus meinen Spaß-Zitaten kennenlernst, hier ein etwas anderer Part aus diesem Buch (ist vielleicht etwas lang, aber ich weiß nicht, wo ich ihn noch kürzen soll):

"Alle sind sie in der gleichen Lage: die von Leichtsinn, Überdruß und ständiger Neuerungssucht Geplagten, denen stets das als besser gilt, was sie eben gerade selbst liegengelassen haben, ebenso wie die Trägen und ewig Gelangweilten. Noch andere gehören dazu, die man am ehesten solchen vergleichen kann, die an Schlafstörungen leiden, sich hin und her wälzen, sich auf diese und jene Art zurechtlegen, bis sie vor Erschöpfung endlich zur Ruhe kommen: ständig ändern sie ihre Lebensgewohnheiten, um schließlich doch bei einer zu verharren; freilich nicht aus Widerwillen gegen weitere Veränderungen, sondern weil die neuerungsfeindliche Alters-trägheit über sie kam. Und dazu noch diejenigen, die Beständigkeit nicht ihrer Ausdauer, sondern ihrer Trägheit verdanken, die nicht eigentlich ihren Willen als vielmehr eingefahrenen Gewohnheiten folgen. Weiterhin gibt es noch unzählige Ausprägungen dieses Fehlers, alle mit derselben Wirkung: Unzufriedenheit mit sich selbst, die einer Sprunghaftigkeit des Geistes und ängstlichen, unerfüllten Trieben entstammt. Entweder fehlt es ihnen zum Durchsetzen ihrer Ziele an der nötigen Entschlossenheit, oder der Erfolg stellt sich nicht ein — worauf sie sich dann ganz aufs Hoffen verlegen. Ständig sind sie in Unruhe und Bewegung, wie es Unschlüssigen notwendigerweise zu ergehen pflegt. Mit allen Mitteln verfolgen sie ihre eigensüchtigen Wünsche; sie überre
den, ja zwingen sich sogar zu Schimpflichem und Schwierigem. Bleibt der Erfolg ihrer Anstrengungen aus, ärgert sie an ihrer Schande nur die Zwecklosigkeit. Nicht die Niedrigkeit ihres Wollens tut ihnen leid, sondern dessen Vergeblichkeit. So packt sie gleichermaßen die Reue über ihr Beginnen und die Angst vor einem neuen Anfang. Es schleicht sich da jene geistige Unruhe ein, die nie ein Ende findet — weil sie ihre Begierden weder zügeln noch ausleben können —; es kommt zum Stillstand des an seiner Entfaltung gehinderten Lebens und inmitten gescheiterter Wünsche zu geistiger Lähmung..... Daher rührt der Ekel, das Mißfallen an sich selbst, die geistige Haltlosigkeit, das mühsame, gequälte Ausharren in der eigenen Mußezeit! Wenn sie sich nun noch aus Schamhaftigkeit scheuen, die Ursachen einzugestehen, und sich innerlich damit abquälen, was wird geschehen? Die in die Enge getriebenen Leidenschaften sehen keinen Ausweg und beginnen, ihre Kräfte gegeneinander zu richten. So kommt es zu Niedergeschlagenheit, Abgespanntheit und tausendfachem Aufwallen verstörter Gemüter, die durch frische Hoffnungen hochgemut, durch begrabene Hoffnungen mutlos werden; kurz, zu einer Stimmung, in der sie ihre Muße verwünschen, über Beschäftigunglosigkeit klagen und die Fortschritte anderer mit Haß und Neid verfolgen. Erfolglose Untätigkeit wird zum Nährboden für den giftigsten Neid, und weil sie sich selbst nicht zur Geltung bringen konnten, wünschen sie allen den Untergang.
Aus solchem Mißvergnügen an den Erfolgen der anderen und der Verzweiflung am eigenen Fortkommen nährt sich schließlich der Zorn gegen das Schicksal: man jammert über den Lauf der Welt, zieht sich in den Schmollwinkel zurück, hegt und pflegt seine eigene Strafe, wird ergriffen von Scham und Ekel vor sich selbst. Ist doch der menschliche Geist von Natur aus beweglich, veränderungsfreudig und dankbar für jede Gelegenheit, sich erregen und entrücken zu lassen...."

Grüße
linea

[Pipifax]

@JoGa-bavaria

Hallo!
Die Präsidentschaftswahl unterstützt die miese Laune an den Märkten, aber die Gründe liegen wohl tiefer.
Derzeit glauben viele Marktteilnehmer, daß es mit den Umsatzsteigerungen in der New Economy vorbei ist ...ich persönlich hoffe, daß es eine vorübergehende Delle ist und daß wieder bessere Quartalszahlen folgen...wenn nicht, dann...tja...dürften eigentlich auch nur die abrutschen, die eben an ihre Grenzen gestoßen sind. Momentan jedoch werden alle abgestraft.
Ich beziehe regelmäßig alle 14 Tage den Newsletter vom Hanseatischen Wirtschaftsdienst (HWD STOCK-NEWS).
Dieser Börsenbrief ist kurz und prägnant. Keine Spur von gepushe. Macht aus meiner Sicht einen wirklich
seriösen Eindruck.
Seit Anfang dieses Jahres haben die Hanseaten schon vorsichtig gewarnt. Die sind meines Wissens übrigens die einzigen aus dem ganzen Blätterwald, die hier immer wieder Warnsignale gegeben haben.
Ich bin auf Empfehlung dieses Börsenbriefes u.a. auch auf Lightpath (LPTH) gestoßen. Die Firma wurde in diesem Thread u.a. schon genannt. LPTH produziert Schlüsseltechnologie nicht nur für optische Netzwerke und hat interessante Patente vorzuweisen.
Derzeit wird LPTH im Zusammenhang mit dem Fall von Lucent gerade zerlegt. Jetzt Kaufkurse?
Eigentlich schon längst, wenn man in den Dimensionen denkt, wie letztes Jahr bzw. Anfang dieses Jahres.
Man vergleiche nur den aktuellen Quartalsbericht mit dem von 1999. Aber ich will jetzt nicht abschweifen.

Ich gebe jetzt wortwörtlich einen Ausschnitt aus dem HWD STOCK-NEWS Nr.24 vom 15. November:

„Aktuell durchläuft die NASDAQ eine Erholung. Dabei sind Kurse bis 3.200 Pkt. durchaus möglich, ehe der
2. Härtetest folgt. Wir wissen selbstverständlich nicht, ob dieser 2. Test an der 3.000 Pkt.-Marke hält, oder ob neue Jahrestiefstände drohen. Marc Faber – ein anerkannter Fondmanager aber auch ein kritischer Zeitgenosse
an der Börse – bemerkte in einem Interview im September, dass zum einen die amerikanische Wirtschaft in eine
Rezession gehen wird, zum anderen der NASDAQ in den kommenden Jahren bis mindestens 1.400 Pkt., wahr-
scheinlicher aber bis 800 Pkt. nachgeben wird. Sollte sich seine Prophezeiung bewahrheiten, haben wir auf den
heutigen Niveaus nur Verkaufskurse und noch lange keine Kaufkurse. Nun Marc Faber weiß es selbstverständlich
nicht, doch seine kausale Begründung klingt insgesamt nicht so abwegig, als dass man nicht darüber nachdenken
sollte.“

Marc Faber ist mir nicht bekannt und ich weiß auch nicht, welchen Fonds er verwaltet.

Ich persönlich finde das für übertrieben, weil die neuen Technologien kein Strohfeuer sind. Es hat sich definitiv
sehr viel verändert in den letzten Jahren, die Technik ist rasant fortgeschritten und somit auch die Kursentwicklung, wenn auch übertrieben. Ich kann mir eine Nasdaq bis minimal 2000 Punkte vielleicht noch vorstellen.
Dann denke ich an die Fonds. So lange Liquidität einfließt, muß das Geld doch irgendwann wieder investiert werden. Im Handelsblatt lese ich heute, daß große Fonds in Massen verkaufen und somit einen Dominoeffekt ausgelöst haben, der noch voll im Gange ist. Dadurch baut sich zusätzlich wieder eine Menge Liquidität auf.
Die Fonds geben die Marschrichtung vor, das haben wir im Frühjahr schon erlebt. Wenn sich der Kleinanleger hier aufreiben läßt, sind die Verluste immens.

Zum Schluß: EMC ist mein mit Abstand größter Posten im Depot. Und mir ist mittlerweile gar nicht mehr wohl
dabei. Wenn eine klitzekleine schlechte Nachricht kommen sollte, dann AUA!
Was mir schwer im Magen liegt, ist die Neubetrachtung der Bewertungszahlen - so gesehen ist EMC viel zu teuer.

Ich empfand den Crash 1987 nicht so hinterhältig wie diesen Salamicrash, den wir jetzt haben.
Aber dann denk ich mir wieder, daß es 1997 und 1998 ähnlich war. Du merkst, momentan bin ich hin- und
hergerissen. Ich kann und will nicht glauben, daß die Techs jetzt auf dem absteigenden Ast sind. Letztes Jahr
im Frühling hatte ich ein paar hundert Gillette verkauft und bin dann rein in EMC. Was dann im Herbst/Winter passiert ist, weiß jeder von uns. Aber mit meinen Ballard-Aktien beging ich einen eklatanten Fehler. Tja, hätte ich vorher meine Frau gefragt oder bereits den Thread von Subkutan gekannt.
Mittlerweile habe ich mit kratzen, jaulen, jammern, heulen, die Hälfte meines ehemaligen Bestandes zusammengestöpselt.
Sorry, mußte meinen Gedanken einfach mal so freien Lauf lassen. Komme als Vater von zwei kleinen Jungs ziemlich selten dazu. Bin froh, daß es dieses Medium zum austauschen gibt.

Ciao, bis bald mal wieder auch an stadtursel, Heizkessel, Subkutan, linea, designiert, peder, SeubertF, Mr.FuellCell, angehender boersi und alle anderen, die vernünftige Beiträge einbringen.

Pipifax (auch aus Bayern)

[Heizkessel]

Seubert F
Das Buch heißt "Wege zu sich selbst" Das Irre daran ist, da sitzt jemand auf dem Thron eines Imperiums, ist aber in der Lage ernsthaft über das Leben zu philosophieren. Es geht hier um Selbsterkenntnis, und Klärung der Frage nach der eigenen Lebensführung, Erlangung innerer Gelassenheit und gleichzeitig geistige Freiheit.
Da zur Zeit die "Leidenschaften" in so manchem toben dürften, sicherlich eine hilfreiche Lektüre, um sich von der Minusbörse sich nicht herunterziehen zu lassen.In New speak hieße das: Behavioural finance zur mentalen Stärke, um bei volatilen Börsen besser handeln zu können, und seine Emotionen unter "Kontrolle" zu bekommen. Das ist natürlich nur zielgerichtete Auseinandersetzung. Bei Marc Aurel geht es zwar auch um die Umsetzung in praktisches Handeln, aber würde er wohl grundsätzlicher die Leidenschaft des "Erwerbstriebes" in Frage stellen.
So ungefähr verstehe ich das, habe aber noch nicht alles gelesen.

Gruß H.