Inflation
Missverständnisse und veraltete Paradigmen - Seite 2
(3) Inflationsrate falsch berechnet?
Jeder kennt das Phänomen vom Supermarkt, vom Bäcker oder von der Eisdiele: Schon wieder teurer? Die "gefühlte" Inflation ist in der Regel höher als die offiziell gemessene – in der Eurozone macht der Unterschied sogar über fünf Prozentpunkte aus. Das schürt bei einigen den Verdacht, hier würde gezielt manipuliert oder zumindest falsch gemessen. Das Problem ist der Musterwarenkorb der behördlichen Statistiker, über den sich natürlich viel diskutieren lässt. Im Zweifel wird der haushaltseigene Warenkorb immer davon abweichen. Schließlich kommt es darauf an, wieviel man wofür Monat für Monat ausgibt, ob man zur Miete oder im eigenen Haus wohnt etc. Zudem werden auch nur leichte Preiserhöhungen eher wahrgenommen und in Erinnerung behalten als starke Preisrückgänge, wie etwa für Reisen oder für Unterhaltungselektronik. Wie gesagt: Total falsch oder absichtlich manipulativ gemessen wird sicherlich nicht, schließlich werden die Warenkörbe jährlich überprüft und bei Bedarf angepasst.
(4) Energiepreise = Hauptschuldiger?
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Der Ölpreis weckt nicht nur Emotionen sondern auch Inflation. Als Kraftstoff und Heizmittel hat er weiterhin großen Einfluss auf die Energiekosten von Unternehmen und Haushalten. Auch diesmal sprang die Inflationsrate zunächst wegen der Energiekrise in Europa an, die durch die Einstellung der russischen Öl- und Gaslieferungen ausgelöst wurde. Doch inzwischen hat sich der Ölpreis fast wieder halbiert. Für die Notenbanker ist der Ölpreis jedoch uninteressant. Sie achten vielmehr auf die sogenannte Kerninflationsrate, welche die von der Geldpolitik kaum beeinflussbaren Rohstoffpreise konsequent außen vorlässt. Auf fixe Steuern und CO2-Abgaben, die Energiepreise maßgeblich ausmachen, können sie nämlich kaum einwirken. Darüber hinaus hat der Einfluss fossiler Brennstoffe in den letzten Jahrzehnten realwirtschaftlich gesehen spürbar nachgelassen. Dienstleistungen haben heutzutage ein größeres Gewicht im Warenkorb, wohingegen die industrielle Fertigung - auch dank gelungener Bemühungen, ressourcenschonend zu wirtschaften - weniger ölintensiv geworden ist.