Ich habe mir obiges Video grade mal angeschaut. Bei der Betrachtung der Vergangenheit ist er sehr ausführlich bezüglich der Belege. Sobald er aber seine Prognose abgibt, gibt er dafür gar keine Begründung an. Mir bringt dieses Video leider gar nichts.
Aber bei den nach dem Video angezeigten Vorschlägen hab ich ein durchaus sehenswertes und informatives Video entdeckt. Hier spricht ein großer Händler und Vermieter über die Entwicklung:
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Ist recht lang, aber wie gesagt auch sehr informativ.
Bezüglich Gebrauchtwagenmarkt (Wohnmobile):
Die Gebrauchtwagenpreise sind ca. 20 % über den Kaufpreisen von vor zwei Jahren. Man hat also zwei Jahre die Freiheit genießen können und kommt dann mit 20 % Gewinn raus, wenn man sein Fahrzeug heute verkauft. Klingt für mich sehr attraktiv. Von dem Gewinn fliege ich dann die nächsten zwei Jahre in die Karibik und schaue danach, ob sich die Preise wieder normalisiert haben. Im besten Fall bekomme ich für den übrig gebliebenen Betrag dann mein ursprüngliches Wohnmobil als Neufahrzeug wieder zurück. Einer derartige Spekulation dürften einige der damaligen Käufer folgen.
Die steigenden Neuwagenpreise dürften einerseits von der allgemeinen Kostensteigerung (Inflation) und andererseits von der Angebotsverknappung bei gleichzeitigem Nachfrageanstieg verursacht worden sein. Die Inflation wird sich sicher nicht in eine allgemeine Deflation umkehren. Somit bleiben die Kosten der Hersteller weiterhin erhöht, was zu stabilen Preisen beiträgt. Andererseits hat sich die Lieferkettensituation wieder deutlich gebessert, was das Angebot deutlich erhöht und somit den Nachfrageüberhang reduziert. Das trägt dann zu günstigeren Neupreisen bei. Und der Händler im Video berichtet ja auch darüber, dass es mittlerweile sogar wieder Neuwagenrabatte gibt. Von Preisniveaus von vor dem Boom wird hier aber nicht mal ansatzweise gesprochen. Dieser Händler begründet seine Rabatte damit, dass er nun aufgrund der deutlich angestiegenen Preisen deutlich höhere Finanzierungskosten hat. Je schneller er ein Fahrzeug wieder verkauft, desto größer bleibt sein Gewinn. Es ist nicht so, dass er Rabatte geben muss, weil keiner die Fahrzeuge haben will, sondern nur, weil er sie schnelller wieder loswerden muss.
Im Video berichtet der Händler aber auch über vereinzelte Bestellungen, die weiterhin eine Lieferzeit von zwei Jahren haben. Zudem gibt es bei Fiat-Chassis weiterhin eine deutliche Lieferschwierigkeit. Komplett "geheilt" ist die Lieferkette offenbar noch nicht. Und das dürfte sich wiederum positiv auf die Preisstabilität auswirken.
Soweit ein paar Anmerkungen zur Situation. Meine Einschätzung ist, dass wir aktuell genau das haben, was auch KnausTabbert sagt. Und das wäre eine Normalisierung der Lage. Es gibt Zeichen, die für fallende Preise und Zeichen, die für recht stabile Preise sprechen. Der rasante Anstieg der Nachfrage normalisiert sich nun wieder. Der Gebrauchtwagenmarkt ist aktuell sehr attraktiv für Verkäufer, so dass es hier zu einem ansteigenden Angebot kommt. Dieses wird aber auch wieder zurück gehen, sobald die Gebrauchtwagenpreise fallen. Das heißt, sollte es zu einem Überangebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt kommen, dann fallen die Preise und die Verkäufer, die wegen der attraktiven Preise verkaufen, die fallen weg. Was den Preisverfall dann wiederum bremst.
Ich sehe hier aktuell nur die Zeichen einer Normalisierung. Noch sind wir aber in einer Angebotsverknappung, auch wenn die Situation schon wieder deutlich entspannter ist. Wie sich die Situation entwickelt, sobald die Lieferketten wieder vollständig hergestellt und die aktuellen Aufträge abgearbeitet sind, das ist schwer vorherzusagen. Die Wirtschaft leidet stark unter den aktuellen Bedingungen. Sowas hat natürlich auch Auswirkungen auf den Konsum. Andererseits sind ja grade Luxusartikel in wirtschaftlich schweren Zeiten deutlich weniger von einem Rückgang betroffen. Und Fahrzeuge im Preisbereich von nahezu 6-stelligen Summen würde ich durchaus als Luxus bezeichnen.
Die Prognose von H&A halte ich für Laienhaft. Sie haben sich innerhalb von wenigen Wochen um 180° gedreht. Am 25.10. haben sie das Kursziel von 94 € auf 87 € gesenkt. Am 9.11. ihr Kursziel von 87 € auf 60 € gesenkt. Am 21.11. fällt ihnen dann plötzlich auf, dass sie den Weltuntergang gar nicht berücksichtigt haben und sie senken nochnmals auf 40 €. Womit beschäftigen sich die Praktikanten da? Woher kommen so plötzlich so völlig andere Informationen, so dass die Modelle ein um deutlich über die Hälfte reduziertes Kursziel ausgeben?
Ich halte mich da eher an die anderen Analysten, die sich offenbar regelmäßig über die Lage informieren. Jefferies hat nach den Zahlen am 9.11. das Kursziel von 72 € auf 75 € angehoben. Am 19.6. (neuere Updates sind mir leider nicht bekannt) hat Kepler Chevreux das Kursziel von 48 € auf 66 € angehoben.
Wenn ich mir die aktuellen Analystenkursziele und die Gewinne der letzten Jahre (vor Corona) anschaue, dann erscheinen mir 60 € als Kursziel auf Jahressicht (oder sogar kürzer) durchaus realistisch. Das KGVe 23 lag im Q3 unter 10. Der Cashflow dürfte nach den Zukunftsinvestitionen der letzten zwei Jahre nun wieder deutlich nach oben gehen. Damit ein fairer Preis auf das Niveau von H&A absingt, dafür müsste sich die Situation schon dramatisch verschlechtern. Davon sehe ich aber aktuell nichts.
Sorry für den langen Text, aber es gibt soviele Aspekte zu betrachten ...
Warum reduzieren die Praktikanten bei H&A die Kursziele?
Info von Sascha Gebhard auf Stock3 (kann es hier leider nicht verlinken):
"Der jüngste negative Delignit-Cross-Read veranlasst HAIB, ihre Umsatzschätzungen für das kommende Jahr erneut zu reduzieren, da die Bestelldynamik noch stärker als erwartet abnehmen wird. Die Analysten gehen auch von einem Produktmix in Richtung des unteren Marktsegments mit niedrigeren Margen aus.", schreibt Dow Jones
Man schließt also von der Abrufreduzierung eines nicht wohnwagen / -mobiltypischen Zulieferers auf die Gesamtsituation der Branche. Das scheint mir doch arg konstruiert zu sein. Bei Delignit hätte ich gar nicht damit gerechnet, dass sie überhaupt etwas in dieses Segment zuliefern. Wenn ich mir einen Transporter für einen Umzug miete und hinten reinschaue, dann sehe ich die klassischen Delignit-Produkte. Also eine Bodenplatte und die Wandverkleidung. Aber in einem Wohnmobil besteht der Boden heutzutage doch eher aus einem Blech-Schaum-Sandwich. Schweres Holz sollte da doch eher ein Auslaufmodell sein. Dementsprechend ist es sogar eine zulässige Spekulation zu folgern, dass grade die Freizeitmobile mit den schweren Holzböden aktuell immer weniger nachgefragt werden. Gemeinerweise könnte man dann noch behaupten, diese Kunden wechseln dann zu KnausTabbert, wo sie leichtere Fahrzeuge bekommen 😜
Ganz sicher würde ich einen "Cross-Read" von Delignit auf KnausTabbert als sehr gewagt einstufen. Alleine auf dieser Basis das Kursziel soweit zu reduzieren, das ist unseriös.
Ich sehe das aktuelle Kursniveau als recht günstig an. Vermutlich werde ich aber mit einem weiteren Nachkauf noch warten, bis sich die Kurse wieder stabilisiert haben. Man sollte sich nie gegen einen Markt stellen - auch wenn dieser völlig irrt. Also versuche ich mich mal wieder als Tiefstpunktfinder und werde dann realistisch betrachtet wohl erst in den wieder ansteigenden Kurs hinein nachkaufen 😜