ANALYSE: Zinssenkungsfantasie ist vorerst raus - 500 Beiträge pro Seite | Diskussion im Forum
neuester Beitrag 08.11.01 16:41:56 von
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Vielleicht haben sich die Händler über den deutlichen Schritt der Zentralbanker erschrocken, anders lässt sich der „Abtaucher“ des Dax und des Neuen Marktes direkt nach den Zahlen nicht erklären. In der ersten Reaktion dürften viele gesagt haben: „Das war es mit Zinssenkungen“, da die herrschende Meinung von zwei Zinssenkungsschritten von jeweils 0,25 Prozent ausging. Die gab es nun gleich in einer Portion serviert.
„Zinsniveau angemessen“
Nun sind die Prognosen Makulatur – und zweifelhaft ist, ob das den Börsen schmecken wird. Duisenberg begründet die deutliche Senkung mit sinkendem Inflationsdruck, was vor allem auf sinkende Öl- und Nahrungsmittelpreise zurück geht. Die Geldmenge M3 sei derzeit kein Risiko für die Preisstabilität, die laut Duisenberg im Jahr 2002 „deutlich unter 2 Prozent“ liegen soll. Grund zur Freude für die Zinssenkungs-Anhänger? Nein, denn der Dämpfer kommt sofort: Das Zinsniveau sei angemessen, „um mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten“.
Wie geht’s also nun weiter? Die Wirtschaft hat zuletzt vor allem durch Horrormeldungen über sich reden gemacht, als Beispiel sei nur der ausgebliebene Herbstaufschwung am Arbeitsmarkt genannt, auf den wohl auch Bundeskanzler Gerhard Schröder gehofft haben dürfte. Zinssenkungen haben in Euroland und vor allem in Deutschland in der kurzfristigen Wirkung eher psychologische als fundamentale Wirkung. Die Auswirkungen niedrigerer Zinsraten zeigen sich oftmals erst nach zwölf oder mehr Monaten, bedingt durch eine Besonderheit in Deutschland: Kredite werden vielfach über feste Zinssätze geregelt, was das „Time Lag“ von Zinsänderungen vergrößert. Ein großer Unterschied übrigens zu den USA, wo der variabel verzinste Kredit etabliert ist, weshalb sich Zinssenkungen viel unmittelbarer auf die Wirtschaft auswirken können.
Weitere Zinsschritte kurzfristig nicht zu erwarten
Weitere Zinsschritte sind daher auch von den überaus vorsichtig agierenden Zentralbankern erst einmal nicht zu erwarten. Man wird die Auswirkungen der bisherigen Zinsschritte abwarten wollen. Zwar zeigt die Wirtschaft – siehe oben – bisher alles andere als Tendenzen zur Erholung, doch die meisten Volkswirte rechnen damit spätestens Ende des nächsten Jahres. Es wäre der Zeitpunkt, wo die Zinssenkungen ihre Wirkung entfalten dürften. Und bei jeder Senkungsrunde ist dem Chef der Bundesbank, Ernst Welteke, die Blässe um die Nase auf Grund der Angst vor einer prozyklischen Wirkung der Zinsen anzusehen – denn die brächte steigende Inflation mit sich.
Die Zinssenkungsfantasie, die einen Teil der Aufwärtsbewegung in den letzten Wochen mitverantwortet hat, dürfte daher erst einmal aus dem Markt weichen, zumindest in Europa. Während US-Notenbankboss Alan Greenspan immer für eine Überraschung gut ist, hält sich die EZB bisher relativ verbissen an ihrem Ziel der Geldwertstabilität fest. Für die Börsen dürfte das den Weg in der nächsten Zeit nicht unbedingt einfacher machen. Haben vor allem Zinssenkungen die Fantasie der Börsianer immer wieder angeregt, muss nun die fundamentale Situation der Unternehmen dafür sorgen. Und da sieht es - zumindest derzeit – mau aus.
Autor: Michael Barck (© wallstreet:online AG),15:56 08.11.2001
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