Big in Japan
"Nachfrage ist überwältigend": Investor-FOMO bei japanischen Aktien
Drei Jahrzehnte lang wurden Japan-Anleger oft enttäuscht. Mittlerweile feiern die Aktienmärkte des Landes ein großes Comeback. Anders als beim Boom der Achtziger-Jahre sind die Bewertungen heute deutlich niedriger.
- Japanische Aktienmärkte erleben Comeback nach 30 Jahren Enttäuschung.
- Nikkei-Index kurz vor historischem Hoch, lockt internationale Investoren.
- Unterbewertung, Aktienrückkäufe und strukturelle Veränderungen stützen Aufwärtstrend.
Der Nikkei-Index steht kurz davor, sein historisches Hoch zu erreichen, ein Moment, der nicht nur für lokale Investoren, sondern auch für globale Fondsmanager bedeutend ist. Mit einem Anstieg von 50 Prozent innerhalb eines Jahres lockt der Nikkei nun internationale Investoren an, die offenbar Angst haben, auf dem japanischen Markt etwas zu verpassen.
"Die Zahl der Anfragen, die bei meinem Team eingehen, ist in den letzten Monaten buchstäblich exponentiell gestiegen - es ist überwältigend, wie groß die Nachfrage und das Interesse an Japan im Moment ist", sagt Shinji Ogawa, der bei JPMorgan in Tokio arbeitet, gegenüber Reuters.
Zum einen überzeugen Investoren die günstigen Bewertungen und aktionärsfreundlichen Entscheidungen der Unternehmen, die Zweifel an einer Blase zerstreuen. Zum anderen zeigen die starken Zuflüsse in den Markt, dass das Interesse gerade erst beginnt. JPMorgan-Experte Ogawa sieht in der aktuellen Situation erst den Anfang eines langfristigen Trends. Er schätzt, dass globale Manager etwa 280 Milliarden US-Dollar investieren müssten, um ihre Beteiligung auf ein angemessenes Maß zu erhöhen.
Die Unterbewertung japanischer Aktien im Vergleich zu globalen Standards ist ein weiterer Faktor, der die Attraktivität des Marktes steigert. Derzeit sind globale Fonds im Durchschnitt um vier Prozent untergewichtet in Japan, eine Lücke, die schnell geschlossen wird, wie die neuesten Daten zum Netto-Auslandskapitalfluss zeigen. Allein im letzten Jahr wurde ein Rekordzufluss von 40 Milliarden US-Dollar verzeichnet.
Doch nicht nur die Zahlen sprechen für Japan. Die mentalitätsbedingte Abkehr von der risikoscheuen Anlagestrategie, die nach dem Platzen der Blase Ende der Achtzigerjahre vorherrschte, trägt ebenfalls zur Erholung bei. Im Gegensatz zu damals, als japanische Aktien mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 50 gehandelt wurden, steht der Nikkei heute bei einem KGV von 22. Die Marktkapitalisierung des Indexes ist damit niedriger als die der beiden Tech-Riesen Apple und Nvidia zusammen.
Während in den Achtzigern Japan der letzte Schrei war, seien die Vorzeichen des Booms heute deutlich bescheidener, gibt Jesper Knoll vom Broker Monex Group gegenüber Reuters zu bedenken. "Damals war es Japan selbst, das davon überzeugt war, dass nichts schief gehen könne, dass Japan die Welt erobern würde. Und das ist dieses Mal ganz offensichtlich ganz anders."
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Rückkäufe auf dem Höchststand
Der Bull-Run des Nikkei ist auch ein Zeichen dafür, dass japanische Aktien nicht mehr als chronische Nachzügler angesehen werden können. Im Vergleich zu anderen großen Märkten hat der Nikkei in den letzten zehn Jahren eine beeindruckende Performance hingelegt, mit einem Anstieg von fast 160 Prozent in Yen und etwa 75 Prozent in US-Dollar.
Diese positive Entwicklung wird durch strukturelle Veränderungen im japanischen Unternehmenssektor unterstützt. Firmen wie Toyota und Nippon Telegraph and Telephone verzeichnen Rekordumsätze und -gewinne, während die Tokioter Börse Unternehmen zu effizienterem Kapitalmanagement und zur Ausschüttung von Überschüssen an Aktionäre drängt. Mit fast 60 Milliarden US-Dollar erreichten die Aktienrückkäufe im letzten Jahr einen neuen Höchststand.
Trotz dieser Erfolge bleiben Risiken, wie die jüngste Rezession und die Sorge vor steigenden Zinsen. Doch das zunehmende ausländische Interesse und die Bewertungslücke im Vergleich zu globalen
Märkten sprechen für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Experten wie Ryoji Musha prognostizieren sogar, dass der Nikkei bis Jahresende auf 50.000 Punkte steigen könnte, ein Anstieg von weiteren
30 Prozent und ein Niveau, das die Attraktivität japanischer Aktien für globale Investoren noch weiter erhöhen würde.
Autor: Julian Schick, wallstreetONLINE Redaktion
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