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    Ernsthafte Konkurrenz?  6945  0 Kommentare Verhagelt die Billig-Konkurrenz aus China Amazon das Geschäft?

    Vor den Quartalszahlen von Branchenführer Amazon wirft unser Gastautor Bryan Perry einen Blick auf das Phänomen Temu, die Shopping-App, die den deutschen Onlinehandel innerhalb eines Jahres aufgemischt hat.

    Für Sie zusammengefasst
    • Temu ist der größte ernstzunehmende globale Rivale von Amazon und hat bereits jeden vierten Deutschen als Kunden gewonnen.
    • Temu setzt auf günstige Preise und eine breite Produktpalette, während der Servicefaktor in den Hintergrund tritt.
    • Temu nutzt Künstliche Intelligenz und aggressive Marketingstrategien, um schnell Marktanteile zu gewinnen und etablierte Online-Händler wie Amazon herauszufordern.

    Der unaufhaltsame Aufstieg der chinesischen Shopping-App Temu, dem größten ernstzunehmenden globalen Rivalen von Amazon, hat auch in Deutschland Wellen geschlagen. Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Appinio hat bereits jeder vierte Deutsche in den letzten sechs Monaten bei Temu bestellt. In nur knapp einem Jahr hat sich Temu zu einem der wichtigsten Herausforderer der Branche entwickelt und belegt bereits den vierten Rang unter den großen Online-Marktplätzen in Deutschland – nach Amazon und eBay liegt Temu aktuell nur knapp hinter Otto. Und nicht nur hierzulande, sondern auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Italien hat sich Temu binnen weniger Monate einen Platz unter den fünf Top-Onlinehändlern verschafft.

    Temu ist der internationale Ableger des chinesischen Tech-Konzerns PDD Holdings, der an der US-Börse Nasdaq notiert ist. PDD Holdings ist das Mutterunternehmen von Pinduoduo, einem der größten E-Commerce-Unternehmen in China. Pinduoduo, das oft als PDD abgekürzt wird, wurde 2015 von Colin Huang gegründet. Huang ist heute laut dem Wirtschaftsdienst Bloomberg mit einem geschätzten Vermögen von 50 Milliarden US-Dollar der zweitreichste Chinese. Die Plattform hat sich durch ein soziales Einkaufserlebnis bekannt gemacht, bei dem Nutzer zusammen Produkte kaufen können, um Rabatte zu erhalten. Dieses Konzept, das oft als "Team Purchase" oder "Group Buying" bezeichnet wird, kombiniert E-Commerce mit sozialen Netzwerken und hat Pinduoduo zu einem der führenden Online-Marktplätze in China gemacht. Zuletzt hat die Handelsplattform mit einem Umsatz von 37 Milliarden US-Dollar, einen Jahresüberschuss von acht Milliarden US-Dollar und eine beeindruckende Nettoumsatzrendite von 21,5 Prozent erzielt. Schätzungen von Analysten zufolge macht die Tochter Temu schon 16 Milliarden US-Dollar Umsatz, davon mehr als eine Milliarde in Deutschland.

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    Nichts, was es nicht gibt – zum Kampfpreis!

    Das Geheimnis hinter dem Erfolg von Temu liegt in einer Kombination aus konkurrenzlos günstigen Preisen und einer beeindruckenden Produktpalette. Anders als die, auf Mode spezialisierte Plattform Shein, gibt es bei Temu nichts, was es nicht gibt, von Elektronik, Haus- und Gartenartikel, über Mode, Schmuck und Kosmetik- oder Gesundheitsprodukte. In Zeiten hoher Inflation und herausfordernder wirtschaftlicher Bedingungen schauen Verbraucher besonders auf den Preis, während der Servicefaktor in den Hintergrund tritt. In einer Umfrage der Digitalberatung Etribes gaben 51 Prozent der Befragten an, dass für sie der Preis das entscheidende Kriterium bei der Kaufentscheidung ist. 58 Prozent der Befragten sind bereit längere Wartezeiten in Kauf zu nehmen, wenn sie dadurch deutlich sparen können.

    PDD Holdings Incorporation (A) (A)

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    ISIN:US7223041028WKN:A2JRK6

    Das Geschäftsmodell von Temu setzt auf eine direkte Lieferung vom Hersteller aus China und verzichtet auf eine teure Logistikinfrastruktur in Europa. Das verlängert zwar die Lieferzeiten, aber dadurch reduzieren sich die Kosten erheblich. Das wiederum ermöglicht Temu eine attraktive Preisegestaltung für seine Endverbraucher. Dadurch verliert der Wettbewerbsvorteil des Konkurrenten Amazon, der sich in Europa eine teure Logistikinfrastruktur aufgebaut hat, erheblich an Gewicht.

    Die Inflation hatte bereits 2022 Bremsspuren Im Onlinehandel hinterlassen. So hatte der E-Commerce-Riese Amazon schon 2022 deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen: Laut Geschäftsbericht sank der Umsatz von 37,2 auf 33,6 Milliarden US-Dollar. Wenn Amazon am Donnerstag seinen Geschäftsbericht für 2023 vorlegt, wird sich zeigen, ob die Kunden dem "alteingesessenen" Online-Händler, trotz der neuen Konkurrenz aus China, die Stange halten.

    KI als Game-Changer im Online-Handel

    Interessant ist, dass Temu eigentlich nicht als Händler agiert, sondern als Tech-Konzern, der auf Daten, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz (KI) setzt. So kann Temu frühzeitig neue Produkttrends, z.B. in den sozialen Medien, ausfindig machen, bei den Herstellern sofort ordern und innerhalb kürzester Zeit auf veränderte Marktanforderungen reagieren. Gleichzeitig Kunden werden durch spielerische Elemente in der App zum Kauf animiert. Durch sogenannte Gamification-Elemente in der Temu-App wird das Kauferlebnis unterhaltsamer und interaktiver und die Kundenbindung gestärkt. Darüber hinaus locken rasch ablaufende Gutschein- und Rabattaktionen, bunte Farben und ständig aufpoppende Infos und Tipps und immer wieder die unschlagbar günstigen Preise. Dadurch kaufen Temu-Kunden oft deutlich mehr als geplant.

    Um sich Marktanteile in Deutschland zu erobern, setzen Chinesen wie Temu und Shein stark auf Online-Werbung und nehmen dafür sehr viel Geld in die Hand: Der Mutter-Konzern PDD hat allein im dritten Quartal drei Milliarden US-Dollar für Marketing und damit fast ein Drittel des Umsatzes von 9,4 Milliarden ausgegeben. Und der Erfolg gibt dem Konzept recht. In Deutschland wurde 2023 keine andere Shopping-App so häufig heruntergeladen wie die Temu-App, die erst im April vergangenen Jahres an den Start ging.

    Die deutsche Konkurrenz beobachtet diesen neuen E-Commerce-Stil mit gemischten Gefühlen. Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group, äußerte in einem Handelsblatt-Interview sich kritisch über die Geschäftsmodelle von Temu: "Ich habe in vielen Bereichen ein Problem mit diesen Geschäftsmodellen, beispielsweise bei der Qualität der Produkte". Er betont weiterhin die Wichtigkeit ethischer Standards und der Nachhaltigkeit. Trotz der Kritik erkennt er jedoch auch an, dass es von Technologieunternehmen wie Temu und Shein viel zu lernen gibt, vor allem bei der umfassenden Nutzung künstlicher Intelligenz und deren kreativem Marketing.

    Der Erfolg von Temu und die Schattenseiten

    Die Kehrseite des verlockend günstigen Einkaufs: Die Kampfpreise gehen auf Kosten von Produktqualität und -sicherheit und zu Lasten der ökologischen Nachhaltigkeit und ethischer Standards, die oft im Schatten der attraktiven Preise und schnellen Trends übersehen werden. Auch die Verbraucherzentrale warnt bereits vor Vorkasse-Zahlungen und empfiehlt, auf zugelassene Sicherheitszeichen, wie z.B. das CE-Siegel bei Elektronikartikeln, zu achten. Temu bestätigt indirekt Qualitätsprobleme, erklärt aber, sich an die Gesetze und Vorschriften in den Regionen und Ländern, in denen sie aktiv sind, zu halten und nicht konforme Produkte umgehend zu entfernen.

    Die Strategie von Temu und anderen chinesischen Unternehmen wie Shein signalisiert eine Zeitenwende im Onlinehandel. Der Siegeszug von Temu hat eindrücklich demonstriert, dass es möglich ist, mit innovativen Geschäftsmodellen und aggressiven Marketingstrategien in kürzester Zeit Marktanteile zu gewinnen. Für etablierte Akteure wie Amazon, Otto und Zalando sind mit Temu schwere Zeiten mit großen Herausforderungen angebrochen. Viele von ihnen sind strukturell nicht profitabel. Die Gründe sind vor allem die hohen Kosten für Personal, Logistik und Marketing. Die großen Onlinehändler müssen sich anpassen und möglicherweise von diesen neuen Playern lernen, um im Wettbewerb bestehen zu können.

    Die Zukunft des E-Commerce verspricht spannend zu bleiben, mit neuen Herausforderern, die den Markt dynamisch gestalten. Für Verbraucher bedeutet dies eine größere Auswahl und potenziell niedrigere Preise, aber auch die Notwendigkeit, sich über Produktqualität und ethische Aspekte des Konsums bewusster zu werden.

    Autor: Bryan Perry


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    Ernsthafte Konkurrenz? Verhagelt die Billig-Konkurrenz aus China Amazon das Geschäft? Lesen Sie hier, wie die Shopping-App Temu den deutschen Onlinehandel innerhalb nur knapp eines Jahres aufgemischt hat, und was das für große Online-Händler wie Amazon, Zalando und Co. bedeutet.

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