Lieferengpässe belasten
Deutsche Chemiebranche ist jüngstes Opfer der Krise im Roten Meer
Unternehmen wie Evonik müssen sich aufgrund der Spannungen im Roten Meer auf Lieferverzögerungen und höhere Transportkosten einstellen. Einige bleiben jedoch verschont.
- Lieferverzögerungen und höhere Transportkosten für Unternehmen wie Evonik im Roten Meer.
- Deutsche Chemiebranche spürt Verzögerungen bei Verschiffung über das Rote Meer.
- Asiatische Importe nach Europa brauchen länger, da Schiffe um Afrika herumgeleitet werden.
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Die deutsche Chemiebranche, die größte in Europa, beginnt, die Verzögerungen bei der Verschiffung über das Rote Meer zu spüren und ist damit die jüngste Branche, die vor Lieferunterbrechungen warnt, die einige Unternehmen zur Drosselung der Produktion gezwungen haben.
Wichtige asiatische Importe nach Europa – von Autoteilen und technischer Ausrüstung bis hin zu Chemikalien und Spielzeug – brauchen derzeit länger, bis sie ankommen, da Containerschiffe nach den Angriffen der jemenitischen Huthis weg vom Roten Meer und dem Suezkanal und um Afrika herum umgeleitet wurden.
Die deutsche Chemiebranche ist mit einem Jahresumsatz von rund 260 Milliarden Euro nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau die drittgrößte Industrie des Landes, wie aus Berechnungen von Reuters hervorgeht. Bei rund einem Drittel ihrer außereuropäischen Importe ist sie demnach auf Asien angewiesen.
"Meine Beschaffungsabteilung arbeitet derzeit dreimal so hart, um etwas zu bekommen", sagte Martina Nighswonger, Geschäftsführerin und Inhaberin der Gechem GmbH, die Chemikalien für große Industriekunden mischt und abfüllt, gegenüber der Nachrichtenagentur. Als Folge musste die Produktion einiger Produkte gedrosselt werden.
Der größere Spezialchemiehersteller Evonik erklärte ebenfalls, dass er von "kurzfristigen Routenänderungen und Verspätungen" betroffen sei und fügte hinzu, dass einige Schiffe innerhalb weniger Tage bis zu dreimal die Richtung geändert hätten.
Die Transportkrise am Roten Meer kommt zu einer Zeit, in der die deutsche Wirtschaft aufgrund der Rezession sowie hoher Arbeits- und Energiekosten bereits unter Druck steht. Nach Angaben von S&P Global gilt der europäische Chemiesektor neben der Automobilindustrie und dem Einzelhandel als am stärksten gefährdet.
Ganz unvorbereitet treffen die Widrigkeiten die Branche allerdings nicht. So rechnet Covestro zwar mit höheren Frachtkosten, fügte aber hinzu, dass diese im Rahmen seiner Gesamtausgaben unbedeutend seien.
Der Duftstoffhersteller Symrise erklärte, dass er keine Verzögerungen bei seinen Lieferungen erwarte, da er über ausreichende Sicherheitsbestände verfüge, und forderte die Kunden auf, ihr gewohntes Bestellverhalten beizubehalten, um eine ungerechtfertigte Hortung zu vermeiden.
Wacker Chemie, das Polysilizium für etwa die Hälfte der weltweiten Chips liefert, wies ebenfalls auf höhere Preise hin, fügte aber hinzu, dass sein Geschäft bisher nicht wesentlich beeinträchtigt worden sei.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Zentralredaktion

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