Berliner Morgenpost
Trübsal blasen hilft nicht / ein Kommentar von Dominik Bath über die neue Prognose der EU-Komission zum Wirtschaftswachstum deutschlands
Berlin (ots) - Als deutscher Wirtschaftsboss hat man derzeit nicht viel zu
lachen. International schwächeln die Exporte, Lieferketten sind angespannt und
im Inland drücken die vergleichsweise hohen Energiepreise, ein angespannter
Arbeitsmarkt und der ewige Ampel-Zwist um notwendige Reformen auf die Stimmung.
Das deutsche Stimmungstief lässt sich auch in Zahlen beschreiben. Die
EU-Kommission weist in ihrem neuen Wachstumsgutachten ein diesjähriges Plus von
lediglich 0,1 Prozent für die deutsche Wirtschaft aus, der Sachverständigenrat
Wirtschaft kommt auf immerhin 0,2 Prozent. Schlechter stehen in Europa nur
Estland und Finnland da.
Was auf den ersten Blick für hängende Mundwinkel sorgen kann, sollte aber nur
eine Reaktion hervorrufen: Na und? Der einstige Exportweltmeister Deutschland
kann eben gerade nicht von einem Absatzrekord zum nächsten hecheln. Dass das
nicht ausschließlich, aber zu großen Teilen an den Voraussetzungen im Land
selbst liegt, gehört mit zur Wahrheit. Was es jetzt braucht, sind Macher und
Optimisten, die Deutschland mit richtigen Entscheidungen und Mut zurück auf den
Wachstumspfad führen.
lachen. International schwächeln die Exporte, Lieferketten sind angespannt und
im Inland drücken die vergleichsweise hohen Energiepreise, ein angespannter
Arbeitsmarkt und der ewige Ampel-Zwist um notwendige Reformen auf die Stimmung.
Das deutsche Stimmungstief lässt sich auch in Zahlen beschreiben. Die
EU-Kommission weist in ihrem neuen Wachstumsgutachten ein diesjähriges Plus von
lediglich 0,1 Prozent für die deutsche Wirtschaft aus, der Sachverständigenrat
Wirtschaft kommt auf immerhin 0,2 Prozent. Schlechter stehen in Europa nur
Estland und Finnland da.
Was auf den ersten Blick für hängende Mundwinkel sorgen kann, sollte aber nur
eine Reaktion hervorrufen: Na und? Der einstige Exportweltmeister Deutschland
kann eben gerade nicht von einem Absatzrekord zum nächsten hecheln. Dass das
nicht ausschließlich, aber zu großen Teilen an den Voraussetzungen im Land
selbst liegt, gehört mit zur Wahrheit. Was es jetzt braucht, sind Macher und
Optimisten, die Deutschland mit richtigen Entscheidungen und Mut zurück auf den
Wachstumspfad führen.
Nun sollte man sich dabei natürlich nicht allzu viel Zeit lassen. Aber man kann
der deutschen Wirtschaft angesichts starker Produkte, hoher Qualität und
weltbekannter Marken durchaus zutrauen, nach einer etwas längeren Durststrecke
möglicherweise verlorene Marktanteile zurückzuerobern. "Made in Germany" hat als
Gütesiegel jedenfalls nicht an Strahlkraft verloren.
Davor allerdings muss Deutschland wieder an einer stabilen Basis bauen. Das wird
eine Kraftanstrengung, denn gerade drückt an vielen Stellen der Schuh. Nur wenig
wettbewerbsfähig ist der Standort zum Beispiel bei Energiepreisen und
Unternehmenssteuern. Nicht nur bei diesen Themen, sondern auch in Sachen
Bürokratieabbau und Genehmigungsverfahren muss die Ampel in Berlin schneller
über mediales Pingpong hinaus kommen. Restzweifel, ob das wirklich gelingt,
bleiben allerdings - allein angesichts dreier streitlustiger Koalitionspartner.
Und dann ist da noch die große Fachkräftefrage. Mittlerweile sind gut 1,5
Millionen Stellen bundesweit unbesetzt. Der deutschen Wirtschaftsleistung
entgeht allein dadurch ein höherer, zweistelliger Milliardenbetrag an
Wertschöpfung. Schlimmer könnte es noch werden, weil schon jetzt jedes Jahr mehr
Ältere den Arbeitsmarkt verlassen, als Jüngere hinzukommen.
Entscheidend wird deshalb sein, nun endlich alle Potenziale zu erschließen, die
der hiesige Arbeitskräftepool noch bietet. Das Halten von älteren Beschäftigten
im Job gehört ebenso dazu, wie mehr Teilzeitkräfte in vollzeitnahe
Arbeitsverhältnisse zu bringen. Gelingen wird Letzteres aber nur, wenn
Kinderbetreuungsangebote deutlich ausgebaut werden.
Wirtschaft - das ist aber auch immer viel Psychologie. Wachstum lebt von
Optimismus. Immerhin können im Inland zwei kurzfristige Aussichten positiv
stimmen: die stagnierende Inflation und wohl bald sinkende Zinsen. Beides dürfte
zu steigenden Konsumausgaben und zu besseren Finanzierungsbedingungen bei
privaten Investitionen beitragen. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird Deutschlands
Wachstumsschwäche wohl dennoch andauern, prognostizieren die Wirtschaftsweisen.
Gelingt der grundlegende Kurswechsel in der Standortpolitik, könnte es aber auch
schneller gehen. Die Aussicht darauf sollten deutsche Unternehmer und auch die
Verbraucher verinnerlichen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/53614/5780337
OTS: BERLINER MORGENPOST
der deutschen Wirtschaft angesichts starker Produkte, hoher Qualität und
weltbekannter Marken durchaus zutrauen, nach einer etwas längeren Durststrecke
möglicherweise verlorene Marktanteile zurückzuerobern. "Made in Germany" hat als
Gütesiegel jedenfalls nicht an Strahlkraft verloren.
Davor allerdings muss Deutschland wieder an einer stabilen Basis bauen. Das wird
eine Kraftanstrengung, denn gerade drückt an vielen Stellen der Schuh. Nur wenig
wettbewerbsfähig ist der Standort zum Beispiel bei Energiepreisen und
Unternehmenssteuern. Nicht nur bei diesen Themen, sondern auch in Sachen
Bürokratieabbau und Genehmigungsverfahren muss die Ampel in Berlin schneller
über mediales Pingpong hinaus kommen. Restzweifel, ob das wirklich gelingt,
bleiben allerdings - allein angesichts dreier streitlustiger Koalitionspartner.
Und dann ist da noch die große Fachkräftefrage. Mittlerweile sind gut 1,5
Millionen Stellen bundesweit unbesetzt. Der deutschen Wirtschaftsleistung
entgeht allein dadurch ein höherer, zweistelliger Milliardenbetrag an
Wertschöpfung. Schlimmer könnte es noch werden, weil schon jetzt jedes Jahr mehr
Ältere den Arbeitsmarkt verlassen, als Jüngere hinzukommen.
Entscheidend wird deshalb sein, nun endlich alle Potenziale zu erschließen, die
der hiesige Arbeitskräftepool noch bietet. Das Halten von älteren Beschäftigten
im Job gehört ebenso dazu, wie mehr Teilzeitkräfte in vollzeitnahe
Arbeitsverhältnisse zu bringen. Gelingen wird Letzteres aber nur, wenn
Kinderbetreuungsangebote deutlich ausgebaut werden.
Wirtschaft - das ist aber auch immer viel Psychologie. Wachstum lebt von
Optimismus. Immerhin können im Inland zwei kurzfristige Aussichten positiv
stimmen: die stagnierende Inflation und wohl bald sinkende Zinsen. Beides dürfte
zu steigenden Konsumausgaben und zu besseren Finanzierungsbedingungen bei
privaten Investitionen beitragen. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird Deutschlands
Wachstumsschwäche wohl dennoch andauern, prognostizieren die Wirtschaftsweisen.
Gelingt der grundlegende Kurswechsel in der Standortpolitik, könnte es aber auch
schneller gehen. Die Aussicht darauf sollten deutsche Unternehmer und auch die
Verbraucher verinnerlichen.
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