checkAd

    Große Branchen-Studie  581  0 Kommentare Anlageprofis verwalten mehr Geld als je zuvor - und verdienen trotzdem weniger

    Die Assets Under Management (AUM) von Vermögensverwaltern wachsen kräftig und erreichten 2023 neue Rekorde. Trotzdem sind die Gewinne der Branche eingebrochen.

    Für Sie zusammengefasst
    • AUM von Vermögensverwaltern auf Rekordniveau, aber Gewinne eingebrochen
    • Deutschland zweitgrößter Markt in Europa, aber Branche mit sinkenden Erträgen
    • Passivfonds überflügeln aktiv, KI kann Kosten senken und Effizienz steigern
    JETZT NEU:
    Artikel als Video mit Charts & Highlights

    Artikel anschauen

    Laut einer globalen Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zum Asset Management managten die Vermögensverwalter Ende des Jahres 2023 12 Prozent mehr Vermögen als im Dezember 2022: Die rasante Entwicklung der Aktienmärkte trieben die verwalteten Vermögen (Assets under Management, kurz AuM) auf ein Rekordvolumen von 118,7 Billionen US-Dollar.

    In Deutschland sind die Assets under Management im Jahr 2023 um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 4,1 Billionen US-Dollar angewachsen. Damit ist die Bundesrepublik hinter Großbritannien der zweitgrößte Markt in Europa, gefolgt von Frankreich, den Niederlanden und Italien.

    Doch trotz dieser immensen Summen hatte die Branche wenig Grund zum Feiern, denn laut der BCG-Analyse sanken die Erträge im gleichen Zeitraum um 8 Prozent, da die Einnahmen nur um 0,2 Prozent stiegen und die Kosten um 4 Prozent anzogen. Seit 2010 sind die Kosten der Asset Manager um 80 Prozent gestiegen, während seit 2006 fast 90 Prozent des Umsatzwachstums auf die Marktentwicklung fielen.

    "Die Vermögensverwaltungsbranche verzeichnete im Jahr 2023 schrumpfende Gewinne und zunehmend divergierende Wachstumstrends", heißt es in einer neuen Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Diese Trends haben besonders die Kluft zwischen den Besten und dem Rest der Anbieter den McKinsey-Analysten zufolge teils erheblich vergrößert. Vermögensverwalter sehen sich mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen für ihr Wachstum konfrontiert.

    Hier die wichtigsten Ergebnisse der Analysen:

    Die Gewinne der Branche sind im Vergleich zum Allzeithoch 2021 um ein Drittel eingebrochen

    Im Jahr 2021 kletterten die Gewinne europäischer Vermögensverwalter auf ein Allzeithoch, doch dann folgte der Crash: Laut der McKinsey-Studie haben europäische Asset-Manager in den letzten beiden Jahren fast ein Drittel ihrer Unternehmensgewinne eingebüßt. Die McKinsey-Analysten werteten die Ergebnisse von 55 westeuropäischen Vermögensverwaltern aus.

    Es ist wenig überraschend, dass im Jahr 2022 angesichts der negativen Entwicklung am Kapitalmarkt auch die Gewinne der Asset-Manager einbrachen. Aber auch das Jahr 2023 war – trotz der Erholung an den Börsen – ein schlechtes Jahr für die Branche. Und auch der Anstieg des verwalteten Vermögens (AuM; Assets under Management) um rund 9 Prozent seit 2022 kann nicht kaschieren, dass die Branche sich in einem Schrumpfungsprozess befindet, heißt es bei McKinsey. Demnach sind die Gewinne der Branche das zweite Jahr in Folge gesunken und liegen nun 32 Prozent unter ihrem Allzeithoch von 2021.

    Die Kluft zwischen den Besten und dem Rest wird tiefer

    Laut McKinsey war die Hauptursache der schlechten Performance nicht nur der Rückgang des verwalteten Vermögens, vielmehr hätten es viele Asset-Manager nicht geschafft, "ihre Kosten in Relation zu den gesunkenen Einnahmen zu reduzieren".

    Der Studie zufolge ist der Unterschied zwischen den Gewinnmargen der Top- und der Low-Performer der Branche erheblich: Während die Top-Performer im Jahr 2023 eine Gewinnmarge von 54 Prozent hatten, waren es bei den Low-Performern nur 26 Prozent. Dieser Abstand von 28 Prozentpunkten war um 10 Prozent größer als noch im Jahr 2018.

    Anders ausgedrückt: Trotz Gegenwind ist es den Top-Performern gelungen, ihre Kosten im Vergleich zum Umsatz in den letzten Jahren zu reduzieren, während die Kosten der Low-Performer im Vergleich zum Umsatz überproportional anstiegen. Bei den meisten Asset-Managern waren vor allem die Personalkosten der größte Kostentreiber.

    Druck auf der Ertragsseite

    Einerseits fielen 2022 aufgrund der schlechten Aktienmarktentwicklung zum einen die erfolgsabhängigen Gebühren. Zum anderen flossen deutlich mehr Gelder in Anleihen- und Geldmarktfonds als in den Vorjahren. Da Fonds in diesen Anlageklassen geringere Gebühren verlangen, sanken die Einnahmen der Vermögensverwalter.

    Dieses Problem auf der Einnahmenseite wurde durch die schlechte Performance von Rentenfonds – v.a. im Jahr 2022 – noch verschärft. Asset-Manager hätten den McKinsey-Analysten zufolge auf die schwache Performance von Anleihenfonds mit einer Senkung der Fondsgebühren reagiert, um Mittelabflüsse zu verhindern. Bei Aktienfonds sei diese Tendenz zu Gebührensenkungen dagegen nicht zu beobachten, da hier eine schlechte Performance – unabhängig von den Fondsgebühren – ohnehin zu Mittelabflüssen führt.

    Passiv überflügelt aktiv – vor allem in turbulenten Zeiten

    Teure Einzelfonds sind immer weniger gefragt: Das Volumen passiver Fonds ist in Europa in den letzten zehn Jahren viel schneller gewachsen als das aktiver Fonds. Der Unterschied in den Wachstumsraten lag McKinsey zufolge seit 2014 im Schnitt bei 11 Prozent pro Jahr. Weltweit kamen laut BCG-Studie 2023 70 Prozent der Nettozuflüsse im gesamten Fonds- und ETF-Sektor aus passiven Produkten. Zwischen 2019 und 2022 lag dieser Anteil noch bei 57 Prozent.

    Bemerkenswert ist, dass passive Fonds vor allem in Jahren mit hoher Marktvolatilität – beispielswiese 2018, 2022 und 2023 – höhere Mittelzuflüsse verbuchen konnten. In all diesen Jahren schwankte der Aktienmarkt überdurchschnittlich stark, was eigentlich aktiven Stockpickern zugutekommen sollte. Trotzdem verzeichneten passive Fonds laut McKinsey in diesen drei Jahren insgesamt um 470 Milliarden Euro höhere Nettozuflüsse als aktive Fonds. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Vertrauen in aktive Fondsmanager in Krisenjahren abnimmt.

    Auch in den letzten beiden Jahren verzeichneten passive Fonds deutlich höhere Mittelzuflüsse als aktive Fonds. Dabei lief es für aktive Fondsmanager in diesem Zeitraum vergleichsweise gut: Morningstar-Analysen zufolge haben 57 Prozent aller aktiv gemanagten Fonds in den zwölf Monaten von Juni 2022 bis Juni 2023 ihre passiven Benchmarks übertroffen. In den zwölf Monaten zuvor schafften das lediglich 43 Prozent und in den letzten zehn Jahren sogar nur 25 Prozent.

    Geringes Wachstum bei ESG- und Private Equity Fonds

    Die Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) ist führend was den Anteil von ESG-Investitionen (Umwelt, Soziales und Governance) an den verwalteten Vermögen betrifft. Im Jahr 2023 entfielen 20 Prozent der in EMEA in Investmentfonds verwalteten Vermögen auf ESG, in Nord- und Südamerika waren es 1 Prozent und im asiatisch-pazifischen Raum 3 Prozent. Aber auch das Wachstum bei nachhaltigen Fonds hat sich deutlich verlangsamt: Seit 2021 ist das verwaltete Vermögen von börsengelisteten ESG-Fonds in der Region EMEA um nur 1Prozent pro Jahr gestiegen. Viele Asset-Manager hatten auf eine wachsende Nachfrage bei nachhaltigen Produkten gesetzt und deshalb solche Produkte aufgelegt.

    Anders sieht es auf den privaten Märkten aus, wo Impact- bzw. Dekarbonisierungsfonds weiterhin robuste Nettozuflüsse verzeichnen. Für Akteure mit einem differenzierten Angebot bieten sich nach wie vor attraktive Chancen, besonders mit Blick auf den wachsenden Kapitalbedarf, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen.

    Allerdings standen auch Private Equity Fonds in den letzten beiden Jahren vor großen Herausforderungen. Der makroökonomische Gegenwind während des gesamten Jahres 2023 forderte auch seinen Tribut von den privaten Märkten: Die höheren Zinsen verteuern das bei Private-Equity-Deals gehebelte Fremdkapital und unsichere Wachstumsaussichten verringern den Risikoappetit der Anleger. Darüber hinaus mussten Mischfonds aufgrund der Kursrückgänge bei Aktien teilweise ihre Private-Equity-Holdings reduzieren, um die Maximalallokation nicht zu überschreiten.

    Das europäische Fundraising-Volumen war mit 243 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 um nur 3 Prozent geringer als 2022, lag aber um 27 Prozent unter dem Höchstwert von 2021. Trotz des anhaltenden Gegenwinds deutet eine weltweite McKinsey-Umfrage unter mehr als 300 weltweiten Limited Partners, also Investoren, die Kapital für einen Private-Equity- oder Risikokapitalfonds bereitstellen, auf ein anhaltendes Engagement auf den Privatmärkten hin. 43 Prozent der Befragten gaben an ihre Investitionen in den Privatmarkt in den nächsten drei Jahren zu erhöhen.

    Konsolidierungsdruck steigt

    Wie aus der McKinsey-Studie hervorgeht, könnte der Branche eine Konsolidierungswelle bevorstehen. Demnach hat es 2023 nur sehr wenige Übernahmen gegeben, was McKinsey jedoch vor allem auf die gestiegenen Fremdkapitalkosten und die allgemeine makroökonomische Unsicherheit zurückführt. Global gesehen waren die M&A-Aktivitäten unter den Vermögensverwaltern im Jahr 2023 auf den niedrigsten Stand seit 2016 gesunken: Insgesamt gab es 98 Deals, darunter 73 mit alternativen Vermögensverwaltern.

    Die Übernahme-Aktivitäten könnten nach Ansicht der McKinsey-Experten zunehmen, wenn sich das Vertrauen in die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten verbessert. In der Zwischenzeit würden die Auswirkungen der erwarteten Zinssenkungen auf das Transaktionswachstum von den Entscheidungen der wichtigsten Zentralbanken beeinflusst.

    Durch die mittlerweile recht große Performance-Lücke zwischen den High- und Low-Performern der Branche, hält McKinsey einen Anstieg der Übernahmen in den nächsten Jahren für durchaus wahrscheinlich.

    Künstliche Intelligenz kann höhere Kosten ausgleichen

    Zusätzlich erwartet McKinsey Effizienzgewinne durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Demnach soll der Einsatz von KI im Asset-Management zu Produktivitätssteigerungen von bis zu 80 Prozent führen können, zum Beispiel im Investment Research, im Reporting oder in der Kundenberichterstattung.

    Auch die Experten von Boston Consulting sehen in der künstlichen Intelligenz eine Möglichkeit, die Kosten der Asset Manager durch Effizienzgewinne zu senken: "Nach dem Aufbau einer soliden technologischen Basis können Vermögensverwalter ihre Aufmerksamkeit auf die Entwicklung neuer Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle richten", heißt es bei Boston Consulting.

    Wie Asset Manager heute und in Zukunft die Möglichkeiten von KI nutzen, hat Boston Consulting gemeinsam mit dem Investment Company Institute und dem CFA Institute im ersten Quartal 2024 bei knapp 60 Asset-Managementhäusern erfragt, die zusammen mehr als 15 Billionen US-Dollar verwalten. Demnach sind 72 Prozent der Unternehmen überzeugt, dass Generative Künstliche Intelligenz in den kommenden drei bis fünf Jahren einen signifikanten Einfluss auf ihr Geschäft haben wird. Mehr als 66 Prozent haben die Technologie sogar zu einer strategischen Priorität für ihr Unternehmen erklärt. Aber nur 29 Prozent sind bereit, signifikante Ressourcen in das Zukunftsthema zu investieren. Lediglich 16 Prozent der Asset Manager haben bereits eine Strategie für die Künstliche Intelligenz implementiert.

    Fazit

    Trotz der mageren Performance der letzten beiden Jahre blickt die Asset-Management-Branche insgesamt positiv in die Zukunft. Zum einen liegt noch immer viel Cash an der Seitenlinie – McKinsey zufolge halten private und institutionelle Anleger in Westeuropa aktuell etwa 20 Billionen Euro in Bankguthaben und 2 Billionen Euro in Geldmarktfonds. Und sobald die Europäische Zentralbank die Zinsen senkt, wird ein Teil dieser Liquidität wieder in Aktienfonds fließen. Zum anderen erwartet sich die Branche künftig signifikante Effizienzgewinne durch den Einsatz von KI.

    Neugierig geworden? Den kompletten und viele weitere Artikel lesen Sie im neuen Smart Investor 5/2024.

     





    wallstreetONLINE Redaktion
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Melden Sie sich HIER für den Newsletter der wallstreetONLINE Redaktion an - alle Top-Themen der Börsenwoche im Überblick! Verpassen Sie kein wichtiges Anleger-Thema!


    Für Beiträge auf diesem journalistischen Channel ist die Chefredaktion der wallstreetONLINE Redaktion verantwortlich.

    Die Fachjournalisten der wallstreetONLINE Redaktion berichten hier mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerredaktionen exklusiv, fundiert, ausgewogen sowie unabhängig für den Anleger.


    Die Zentralredaktion recherchiert intensiv, um Anlegern der Kategorie Selbstentscheider relevante Informationen für ihre Anlageentscheidungen liefern zu können.


    Mehr anzeigen
    Große Branchen-Studie Anlageprofis verwalten mehr Geld als je zuvor - und verdienen trotzdem weniger Die Assets Under Management (AUM) von Vermögensverwaltern wachsen kräftig und erreichten 2023 neue Rekorde. Trotzdem sind die Gewinne der Branche eingebrochen.