Weg mit dem Bargeld!
Mittelalterlich, kriminell, bequem - Darum ist die Abschaffung des Bargelds "eine sehr gute Idee"
Der Aufschrei ist groß, seit bekannt wurde, dass die Bundesregierung eine Obergrenze für Bargeldzahlungen plant. Peter Fissenewert kann diese Empörung ganz und gar nicht verstehen. Der Korruptionsexperte findet die Bargeld-Liebe mittelalterlich – und die Angst vor Negativzinsen „ohnehin Unsinn“.
Das geplante Bargeld-Limit schreckt viele Experten auf. Sie fürchten nicht nur einen ersten Schritt zur kompletten Abschaffung des Bargelds. Manche sehen darin gar eine Bedrohung für die individuelle Freiheit der Bürger (siehe: Bargeld-Limit, Negativzinsen, Enteignung? „Die Freiheit stirbt scheibchenweise“). Peter Fissenewert, Rechtsanwalt und Professor für Wirtschaftsrecht, kann diese Angst vorm gläsernen Bürger zwar verstehen. Trotzdem hält er die Bargeld-Obergrenze für eine „sehr gute Idee“.
Die „German Angst“ blockiere uns, sagt Fissenewert im Interview mit der „WirtschaftsWoche“. Die Bürger würden nicht die Vorteile sehen, die die Abschaffung des Bargelds mit sich bringe. Es sei sicherlich zutreffend, dass in erster Linie die Banken davon profitieren würden, doch das sie ihm hier egal. Viel wichtiger findet er: „Die Bürger werden profitieren, weil die Kriminalität eingedämmt wird.“ Es ist das Lieblingsargument der Bargeld-Gegner – ohne Bargeld keine Kriminalität. Das sieht auch Fissenewert so. Deutschland habe ein „großes Problem mit der Schattenwirtschaft und einer Parallelgesellschaft, deren Überleben von großen Mengen Bargeld gesichert werden.“ Eine schrittweise Abschaffung des Bargeldes würde nach Ansicht des Korruptionsexperten helfen, die Kriminalität zumindest erheblich einzudämmen. Auf diese Weise könnten nicht nur Terrorakte vermieden werden, sondern auch Drogen- und Kleinkriminalität. Deshalb kann Fessenewert die Empörung über das geplante Bargeld-Limit nicht nachvollziehen: „Wir haben Angst vor Terror, wollen aber keinen Millimeter Bequemlichkeit preisgeben, wenn es um die Bekämpfung der Kriminalität geht.“
Bargeld-Obergrenze bei 1.000 Euro
Ihm selbst gehen die Pläne der Bundesregierung sogar nicht weit genug. Diese will die Obergrenze für Bargeldzahlungen bei 5.000 Euro festsetzen (Mehr dazu hier). Geht es nach dem Korruptionsexperten, sollte dagegen schon bei 1.000 Euro Schluss sein. „Es reicht doch völlig, wenn die Bargeldgrenze bei 1.000 Euro liegt. Warum muss ich mit soviel Bargeld bezahlen wollen?“ Es könne doch nicht gut sein, wenn Geldbündel mit so hohen Summen die Besitzer wechselten, findet er.
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Gleichzeitig warnt er die Deutschen davor, den Schritt in die Digitalisierung zu verpassen. Wer unbedingt am Bargeld festhalten wolle, der bleibe im Mittelalter hängen, so Fessenewert. Zumal das bargeldlose Zahlen keineswegs bedeute, dass alle Transaktionen überwacht würden. „Auch die vermutete Möglichkeit, automatisch Negativzinsen erheben zu können“, ist laut dem Korruptionsexperten „ohnehin Unsinn“. Dennoch sollte die Politik auf die Ängste der Bürger eingehen, indem sie den bargeldlosen Zahlungsverkehr verbessere. „Das (digitale) Geld muss bei der Bank ebenso sicher sein wie Bargeld, eher noch sicherer.“ Zugleich sollte die besagte Negativzins-Option „in jedem Fall eingedämmt sein“ und die digitale Währung dem Bargeld verfassungsrechtlich mindestens gleichgestellt werden, fordert Fessenewert.