Gut für die Wirtschaft
Juhu, Öl-Crash! Bundesregierung freut sich über niedrigen Ölpreis
Crashpropheten überschlagen sich angesichts des niedrigen Ölpreises mit Horrornachrichten (siehe hier und hier), andere wiederum bleiben betont gelassen. „Öl-Crash, na und?“, sagte sich Altmeister Warren Buffett und stieg im großen Stil beim Ölkonzern Phillips 66 ein. Na und, sagen nun auch die Experten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Im Gegenteil, die deutsche Wirtschaft profitiere sogar vom Ölpreisverfall.
Nach Ansicht der Bundesregierung wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr spürbar vom gesunkenen Ölpreis profitieren. „Insbesondere für ölimportierende Länder wie Deutschland und die EU hat der gesunkene Ölpreis Vorteile“, sagte ein hochrangiger Beamter aus dem Bundesfinanzministerium der „Welt am Sonntag“. Bleibt der Ölpreis in diesem Jahr auf einem durchschnittlich niedrigen Niveau von 31 US-Dollar, könnte er nach Schätzung des Bundesfinanzministeriums ein zusätzliches Einkommen von rund 15 Milliarden Euro generieren – das wären 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Je tiefer der Ölpreis fällt, desto mehr wächst die Angst vor einer neuen Finanzkrise. Sorgen bereitet vor allem das Risiko, dass Ölproduzenten ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Experten befürchten einen fatalen Dominoeffekt (Mehr dazu hier: Forscher entdecken erschreckende Parallelen zwischen Öl-Crash und Subprime-Krise). Das Bundesfinanzministerium sieht dagegen „keine gravierende Kreditkrise“ heraufziehen. Gleichwohl warnen die Ökonomen, der Preisrückgang beim Öl könne nicht nur Folge eines Überangebots, „sondern auch Ursache der schwächeren Weltkonjunktur sein.“ Darüber hinaus könnten die Folgen für die Öl-Staaten auch in Deutschland spürbar werden. So könne eine geringere Nachfrage rohstoffexportierender Länder nach deutschen Konsum- und Investitionsgütern die positiven Effekte des Ölpreisrückgangs „abmildern oder sogar überkompensieren“, so das Bundesfinanzministerium.
„Risiken für Deutschland überschaubar“
Das Bundeswirtschaftsministerium ist da anderer Meinung. Zwar würde der niedrige Preis die Haushalte von Staaten wie Saudi-Arabien, Libyen oder Venezuela stark belasten (wallstreet:online berichtete). „Da die Exportverbindungen Deutschlands zu den Öl-Förderländern weit überwiegend überschaubar sind und es sich zumeist um kleine Volkswirtschaften handelt, sind die möglichen Risiken, die sich für Deutschland ergeben, jedoch als gering einzuschätzen.“ Insgesamt glauben auch die Ökonomen im Bundeswirtschaftsministerium, dass das billige Öl die deutsche Wirtschaft antreiben wird. „Der Rückgang der Ölpreise hat in der EU und der Weltwirtschaft zu einer leichten Belebung geführt, leistet einen Beitrag zur guten Stimmung in den Unternehmen und hat positive Auswirkungen auf das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft“, heißt es aus dem Haus von Sigmar Gabriel.
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Die chronische deutsche Investitionsschwäche wird allerdings auch durch den niedrigen Ölpreis nicht abgedämpft. „Bei der Investitionsnachfrage der Unternehmen zeigt sich bisher keine zusätzliche Belebung allein durch den Ölpreisrückgang. Das gilt sowohl für Deutschland als auch für den Rest Europas“, sagt Ulf Slopek, stellvertretender Abteilungsleiter bei der Bundesbank.