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    EU-Recht vs. EZB-Mandat  3357  0 Kommentare Bundesverfassungsgericht gibt Entscheidung über EZB-Staatsanleihekäufe an EuGH

    KARLSRUHE (dpa-AFX) - Das umstrittene Anleihekaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank (EZB) verstößt nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise gegen EU-Recht. Die Karlsruher Richter legen den sogenannten OMT-Beschluss der EZB vom Sommer 2012 deswegen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vor. 'Der OMT-Beschluss dürfte nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt sein', schreiben die Karlsruher Richter. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts, dass die Karlsruher Richter dem EuGH eine Rechtsfrage zur Prüfung vorlegen.

    Im Sommer 2012 hatte EZB-Präsident Mario Draghi angekündigt, man wolle klammen Ländern kräftig unter die Arme greifen, wenn sich diese am Kapitalmarkt nur noch zu sehr hohen Zinsen finanzieren können. Dazu hat die EZB das Programm 'Outright Monetary Transactions' (OMT) an den Start gebracht. Es sieht vor, dass die EZB notfalls unbegrenzt Staatsanleihen unter bestimmten Bedingungen von Euroländern aufkauft. Das Programm ist bislang noch nicht umgesetzt worden.

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    EZB KANN NICHT AUS EIGENER INITIATIVE TÄTIG WERDEN

    Die EZB hatte aber bereits von Mai 2010 bis Anfang 2012 für mehr als 220 Milliarden Euro Anleihen der Krisenstaaten Griechenland, Portugal, Irland, Spanien sowie auch Italien gekauft. Dieses sogenannte SMP-Programm ist inzwischen längst eingestellt. Allerdings schlummern immer noch Anleihen dieser Länder in der Bilanz der EZB.

    Ohnehin kann die EZB nicht aus eigener Initiative tätig werden. Sie müsste auf einen entsprechenden Hilfsantrag eines Landes warten, das dann zudem im Rahmen eines Hilfsprogramms unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen und dafür strenge Spar- und Reformauflagen erfüllen muss.

    BVG: 'GEWICHTIGE GRÜNDE' FÜR MANDATSÜBERSCHREITUNG DER EZB

    Allein die Zusage, via OMT den Euro notfalls mit unbegrenzten Mitteln zu stützen, hatte seit Sommer 2012 für die entscheidende Stabilisierung der Finanzmärkte gesorgt. So konnte das einstige Krisenland Irland mittlerweile den Rettungsschirm verlassen. Für andere Länder wie Spanien haben sich die zuvor extrem hohen Anleihezinsen deutlich normalisiert.

    Nach Auffassung der Karlsruher Richter 'sprechen gewichtige Gründe dafür, dass er (der OMT-Beschluss) über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgeht und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten übergreift sowie gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstößt'. Die EZB sei nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt. 'Geht man - vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union - davon aus, dass der OMT-Beschluss als eigenständige und wirtschaftspolitische Maßnahme zu qualifizieren ist, so verstößt er offensichtlich gegen diese Kompetenzverteilung.'/jon/kf/DP/jkr

    Bundesverfassungsgericht uneins: Erklärung und abweichende Meinungen:

    Hauptsacheverfahren ESM/EZB: Urteilsverkündung sowie Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union

    Die Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts führt abweichende Meinungen der Richterin Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff des ersten Senats und Dr. Michael Gerhardt vom zweiten Senat auf. 
     
    So kritisiert Richterin Lübbe-Wolff: „In dem Bemühen, die Herrschaft des Rechts zu sichern, kann ein Gericht  die Grenzen richterlicher Kompetenz überschreiten. Das ist meiner  Meinung nach hier geschehen. Die Anträge hätten als unzulässig  abgewiesen werden müssen. Die Frage, wie Bundestag und Bundesregierung  auf eine Verletzung von Souveränitätsrechten der Bundesrepublik  Deutschland, sei sie kriegerischer oder nicht kriegerischer Art, zu  reagieren haben, ist nicht sinnvoll im Sinne der Auferlegung bestimmter  positiver Handlungspflichten verregelbar. Die Auswahl zwischen den  vielfältigen Möglichkeiten der Reaktion, die von bloßen  Missfallensbekundungen bis hin zum Austritt aus der Währungsgemeinschaft  reichen, kann nur Sache des politischen Ermessens sein. Es verwundert  deshalb nicht, dass sich diesbezügliche Regeln weder dem Verfassungstext  noch der Rechtsprechungstradition entnehmen lassen.“ (Auszug) 
     
    Richters Gerhardt hebt in seiner abweichenden Meinung hervor: „Ich halte die Verfassungsbeschwerden und den Antrag im  Organstreitverfahren, soweit sie den OMT-Beschluss betreffen, für  unzulässig. Der vorliegende Beschluss erweitert die Möglichkeit des  Einzelnen, über Art. 38 Abs. 1 GG - ohne Rückanbindung an ein  materielles Grundrecht - eine verfassungsgerichtliche Kontrolle in Bezug  auf Akte von Unionsorganen zu initiieren. Mit der Zulassung einer  solchen Ultra-vires-Kontrolle wird die Tür zu einem allgemeinen  Gesetzesvollziehungsanspruch geöffnet, den das Grundgesetz nicht kennt.“ (Auszug)
     
     

    Reaktion der Märkte:

    Die Finanzmärkte reagierten nervös auf Bedenken des Bundesverfassungsgerichts. So viel der Euro gegenüber dem US-Dollar um einen halben Cent auf 1,3551 US-Dollar. Der Schweizer Franken und der japanische Yen konnten zulegen. Zulauf erhielten deutsche Staatsanleihen, weniger die Staatsanleihen von Krisenländern wie Spanien oder Italien.

     

    Intraday-Chart Euro - US Dollar




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